Früher altes Eisen, heute Generation Silber
„Argentum“ ist Pilotprojekt von Kreiswohnbau und Johannitern für seniorengerechtes und selbstbestimmtes Wohnen
Sarstedt (tw). Die Kreiswohnbau Hildesheim hat gestern in Sarstedt zusammen mit der Johanniter-Unfall-Hilfe den Startschuss für den Bau einer besonderen Wohnanlage für Senioren gegeben: „Argentum“ ist ein Pilotprojekt. Die Anlage an der Hildesheimer Straße soll mit ihren 25 barrierefreien Wohnungen, vor allem aber mit vielen Serviceleistungen neue Maßstäbe setzen, wie Klaus Bruer als Vorsitzender des Kreiswohnbau-Aufsichtsrates beim symbolischen ersten Spatenstich erläuterte: „Die Kreiswohnbau startet mit dem Projekt in eine neue Ära“, sagte er, „das Motto ist genial.“
Gerade hatte eine Studie vorhergesagt, dass in fünf Jahren im Landkreis Hildesheim voraussichtlich rund 260 Wohnungen fehlen. Dem Neubau-Bedarf stehen zwei Entwicklungen gegenüber, die zu dem Projekt in Sarstedt führten. Auf die eine wies Bernd Meyer als Direktor des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft hin: Der einzige Teil der Bevölkerung, der künftig noch wachsen wird, sei der Anteil der Senioren – im Jahr 2030 wird jeder Dritte in Deutschland über 65 Jahre alt sein. Die andere nannte Kreiswohnbau-Geschäftsführer Matthias Kaufmann: Sarstedt sei im Landkreis Hildesheim eine Besonderheit – als einzige Kommune, die in den vergangenen Jahren noch gewachsen sei.
Unter diesen beiden Voraussetzungen wagt die Kreiswohnbau ihr größtes Neubau- Projekt seit gut einem Jahrzehnt eben für Senioren und in Sarstedt. Rund 3,5 Millionen Euro investiert das Unternehmen, nachdem es sich zehn Jahre lang vor allem auf die Sanierung und Modernisierung ihres Wohnungsbestandes konzentriert hatte. Und die Investition zahlt sich voraussichtlich aus: Um eine der 25 Wohnungen bewerben sich mittlerweile schon 43 Interessenten.
In gut einem Jahr soll die Wohnanlage fertig sein. Das räumliche Angebot reicht von der 54 Quadratmeter großen Zwei-Zimmer-Wohnung bis hin zum 95 Quadratmeter großen Penthouse.
Die Bewohner erhalten einen Parkplatz in der Tiefgarage, können mit dem Aufzug zur Wohnung fahren. Es gibt einen Gemeinschaftsraum als Treffpunkt im Erdgeschoss. Ein besonderes Augenmerk der Planer von der Architektengemeinschaft PGN lag auf der Sicherheit der Wohnungen – diese sollen allerdings nicht nur einbrecher-resistente Schlösser und Fenster garantieren, sondern auch ein organisiertes System der Nachbarschaftshilfe.
Wenn das Gebäude steht, sollen ein intelligenter Technik-Einsatz und ein umfangreiches Betreuungsangebot dafür sorgen, dass die Bewohner in der Argentum-Anlage möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben führen können. Für beides ist die Johanniter- Unfallhilfe zuständig.
Alle Wohnungen sind an den 24-Stunden- Hausnotruf der Johanniter angeschlossen. Der Wohlfahrtsverband vermittelt auf Wunsch viele Dienstleistungen wie Einkäufe, Fahrdienst, Menüservice, Fußpflege oder den mobilen Friseur. Geplant sind außerdem gesellige Gruppenangebote für die Bewohner.
Die Wohnungen sollen auch dann nicht verwaist sein, wenn der Mieter im Urlaub oder im Krankenhaus ist – dann sorgt die Johanniter-Unfallhilfe auf Wunsch dafür, dass der Briefkasten geleert oder die Blume gegossen wird.
Eine zentrale Funktion wird in den Wohnungen außerdem ein kleiner Tablet-Computer übernehmen, der jeweils zur Ausstattung gehört: Mit ihm können die Bewohner die Heizung oder die Elektrogeräte regeln, die Jalousien oder Fensteröffner steuern. Außerdem soll es über den PC möglich sein, das Sonntagsbrötchen zu ordern oder mit wenigen Klicks Informationen über die aktuellen Aktionen in der Wohnanlage zu bekommen.
Natürlich hat für die Bewohner alles seinen Preis, das Haus wie die Extras. „Dafür können die Bewohner sicher sein, dass sie nicht irgendein Billig-Produkt bekommen“, sagt Geschäftsführer Kaufmann. Das lateinische Wort „Argentum“ bedeutet Silber. Es spiele auf die Haarfarbe der Bewohner an, erklärt Verbandsdirektor Meyer. „Was früher das alte Eisen war, ist heute die Generation Silber.“ Viele Jahre sei es bei Neubauten vor allem um junge Familien gegangen, nun verschiebe sich der Schwerpunkt immer mehr auf die Bedürfnisse Älterer. Das sei eine „riesige Herausforderung“, meinte Meyer. Die sieht er in Sarstedt gut gemeistert: „Das ist ein wunderbares Pilotprojekt.“
Quelle: Sarstedter Anzeiger der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung, 22. Juni 2012