08. Februar 2014

Mit Läden geht auch ein Stück Lebensqualität

Schon einige Leerstände im Sarstedter Stadtteil Giebelstieg – Hoffen auf Ersatz für die letzte Stadtteilkneipe

Leer: die ehe­ma­li­ge Piz­ze­ria in der Ladenzeile.

Leer: der ehe­ma­li­ge Kolping-Laden.

Leer: die Plot­te­rie, seit Anfang Febru­ar zu.

Leer: TM-Cof­fee, seit einem Jahr in den Start­lö­chern. Fotos: Wedig

Sar­stedt (tw). Anfang die­ses Monats hat wie­der ein Laden den Sar­sted­ter Stadt­teil Gie­belstieg ver­las­sen: Die Plot­te­rie an der Voss-Stra­ße zog in den Laat­ze­ner Orts­teil Ingeln-Oes­sel­se um. Im Novem­ber hat­te sich erst die Piz­ze­ria Vasi aus Gie­belstieg ver­ab­schie­det, die Inha­ber-Fami­lie eröff­ne­te in der Sar­sted­ter Innen­stadt ein neu­es Restaurant.

 

Mitt­ler­wei­le ste­hen in dem Stadt­teil im Süden der Stadt schon eini­ge Läden leer. Seit Som­mer 2011 gibt es die Flei­sche­rei in der Laden­zei­le an der Löns­stra­ße nicht mehr, vie­le Kun­den waren zu den Wurst­the­ken der Super­märk­te abgewandert.

 

Man­cher Ein­woh­ner von Gie­belstieg fin­det die Ent­wick­lung trau­rig – zum Bei­spiel Joa­chim Kai­ser, der seit vie­len Jah­ren in dem Stadt­teil ver­wur­zelt ist. Läden in der Nähe: Das sind für ihn auch Treff­punk­te für die Bür­ger. So war die Piz­ze­ria mehr als eine Ess-Stät­te, sie war die letz­te Knei­pe im Vier­tel, ihre Fuß­ball­aben­de führ­ten die Men­schen zusam­men. Zwar sind da die Läden im Fach­markt­zen­trum am Krei­sel. „Die Ver­sor­gung ist gesi­chert“, sagt Kai­ser, ergänzt aber: „Das Sozia­le ist nicht der Rede wert.“

 

Sei­ne Bilanz der ver­gan­ge­nen Jah­re fällt düs­ter aus: „Spar­kas­se weg, Schreib­wa­ren­la­den weg, Schlach­ter weg, Stadt­teil­knei­pe weg, und der Blu­men­la­den hat­te kei­ne Chan­ce.“ Immer­hin habe sich für die Laden­zei­le ein neu­er Fri­seur gefun­den, „und die Apo­the­ke ist auch noch da.“ Dane­ben lie­gen Läden, die der Durch­schnitts-Ein­woh­ner nicht gera­de das gan­ze Leben lang braucht: Fuß­pfle­ge und Fahr­schu­le. Vor 14 Jah­ren, im Febru­ar 2000, hat­te Kai­ser in einem Leser­brief in die­ser Zei­tung bereits mit Bedau­ern auf die ers­ten Ansät­ze der Ent­wick­lung hin­ge­wie­sen, dass mit Läden auch Leben aus dem Stadt­teil schwin­det. Damals gab nach der Volks­bank auch die Spar­kas­se ihre Filia­le in Gie­belstieg auf und nahm den Ein­woh­nern nach sei­nem Emp­fin­den damit auch ein Stück Lebens­qua­li­tät. Kai­ser sieht wich­ti­ge Unter­neh­men wie die Geld­in­sti­tu­te auch in der Pflicht, sich nicht zurück­zu­zie­hen. Eine beson­de­re Ver­ant­wor­tung sieht er auch bei der Kreis­wohn­bau als Ver­mie­te­rin der Ladenzeile.

 

Die Laden­zei­le hat für uns auch einen gro­ßen Stel­len­wert“, sagt Kreis­wohn­bau-Pro­ku­rist Ralf Oel­kers. „Wir gehen immer wie­der aktiv auf mög­li­che Inter­es­sen­ten zu, sogar in Han­no­ver.“ Immer­hin habe sich recht schnell ein Nach­fol­ger für den Fri­seur­sa­lon von Heinz Szy­man­ski gefun­den, der dort 50 Jah­re lang eine Insti­tu­ti­on war. Bei der Flei­sche­rei sei die Nach­fol­ge nicht so ein­fach gewe­sen. „Wir haben damals vie­le Ket­ten ange­spro­chen“, berich­tet er, „aber für die war eine Filia­le dort nicht interessant.“

 

Oel­kers hofft, dass es der Kreis­wohn­bau bald gelingt, wie­der Leben in die Räu­me der Piz­ze­ria zu brin­gen. Außer­dem steht in der Laden­zei­le noch der ehe­ma­li­ge Kol­ping-Laden leer. Doch der ist nur rund 45 Qua­drat­me­ter groß und kommt nur für weni­ge Bran­chen in Fra­ge. „Wir wol­len die Leer­stän­de auch nicht mit Gewalt ver­mie­ten“, sagt Oel­kers, „die Ange­bo­te müs­sen in das Umfeld pas­sen und lang­fris­tig funk­tio­nie­ren.“ Da gehe Nach­hal­tig­keit vor Schnelligkeit.

 

Einen neu­en Treff­punkt hat­te sich man­cher Gie­belstie­ger von dem neu­en Café TM-Cof­fee erhofft. Das ist im Laden neben dem „Fress­napf“ im Fach­markt­zen­trum zwar schon seit Mona­ten ein­ge­rich­tet, aber immer noch nicht eröff­net. Vor einem Jahr soll­te es den Betrieb auf­neh­men, ein hal­bes Jahr spä­ter berich­te­te der Inha­ber von büro­kra­ti­schen Ver­zö­ge­run­gen, nun reagier­te er nicht ein­mal mehr auf eine Anfra­ge die­ser Zei­tung. Das Café kommt nicht aus den Start­lö­chern. Viel­leicht fin­det sich noch eher ein neu­er Nut­zer für die Piz­ze­ria im Her­zen von Gie­belstieg. Ver­mie­ter Oel­kers zeigt sich opti­mis­tisch: „Wir blei­ben am Ball.“

 

Quel­le: Sar­sted­ter Anzei­ger der Hil­des­hei­mer All­ge­mei­nen Zei­tung, 07. Febru­ar 2014

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