25. Februar 2017

Kuh-Skelett bremst Kreiswohnbau aus

Jahrhundertealter Fund ist ein Hinweis auf ein „Bauopfer“ aus dem 17. Jahrhundert

Von Tarek Abu Ajamieh

Elze. Der Bau der Argen­tum-Wohn­an­la­ge im Stadt­zen­trum ver­zö­gert sich – auf­grund eines unge­wöhn­li­chen Fun­des: Bau­ar­bei­ter haben auf dem Are­al zwi­schen Haupt­stra­ße und Königs­ber­ger Stra­ße das bes­tens erhal­te­ne Ske­lett einer Kuh frei­ge­legt. Die Anord­nung der Kno­chen lässt den Schluss zu, dass das oben­drein träch­ti­ge Tier regel­recht bestat­tet wor­den ist. Ers­ten Schät­zun­gen zufol­ge stammt das Gerip­pe aus dem 17. Jahr­hun­dert – und deu­tet auf einen damals weit ver­brei­te­ten blu­ti­gen Brauch hin.

 

Die Ent­de­ckung des Ske­let­tes mel­de­te die Kreis­wohn­bau ges­tern. Das Unter­neh­men baut an der Stel­le eine sei­ner „Argentum“-Wohnanlagen. 17 senio­ren­ge­rech­te Woh­nun­gen sol­len dort ent­ste­hen, die ers­ten Mie­ter Anfang nächs­ten Jah­res ein­zie­hen. Rund 6,5 Mil­lio­nen Euro lässt sich die Fir­ma das Pro­jekt kos­ten, für das meh­re­re alte Gebäu­de abge­ris­sen wurden.

 

Bevor aller­dings das neue Gebäu­de ent­ste­hen kann, hat­ten erst ein­mal die Archäo­lo­gen das Sagen. Sie hat­ten wie berich­tet unter ande­rem einen gemau­er­ten Brun­nen und Spu­ren eines Brau­o­fens aus dem 17. Jahr­hun­dert ent­deckt. Das hat­te die Fach­leu­te ver­mu­ten las­sen, dass an der Stel­le eine gut gestell­te Bürg­erfa­mi­lie leb­te – denn das Brau­recht bekam nicht jeder.

 

Die The­se, dass auf der heu­ti­gen Argen­tum-Bau­stel­le einst gut betuch­te Elzer ein Eigen­heim errich­te­ten, wird durch den aktu­el­len Ske­lett­fund unter­mau­ert. Denn vie­les spricht dafür, dass es sich um ein soge­nann­tes Bau­op­fer han­delt. Bis ins 18. Jahr­hun­dert hin­ein war es nicht unüb­lich, vor Bau­be­ginn ein Tier zu opfern – ein Brauch, der auf mit­tel­al­ter­li­chen Aber­glau­ben zurück geht, wonach sich auf die­se Wei­se böse Geis­ter von der neu­en Immo­bi­lie fern­hal­ten las­sen würden.

 

Häu­fig wur­den die betref­fen­den Tie­re – meist Hun­de – leben­dig begra­ben, auch im Fall der Elzer Kuh könn­te es so gewe­sen sein. Dass vor dem Bau ein der­art wert­vol­les, noch dazu träch­ti­ges Tier ster­ben muss­te, macht es umso wahr­schein­li­cher, dass die dama­li­gen Bau­her­ren für dama­li­ge Ver­hält­nis­se ziem­lich wohl­ha­bend waren.

 

Fach­leu­te haben das Kuh-Ske­lett inzwi­schen foto­gra­fiert, ver­mes­sen, gesäu­bert, in Kis­ten ver­packt und für wei­te­re Unter­su­chun­gen an den Lan­des­kon­ser­va­tor nach Han­no­ver geschickt. Die Kreis­wohn­bau rech­net mit vier Wochen Ver­zö­ge­rung durch die archäo­lo­gi­schen Fun­de. Der zustän­di­ge Cen­ter­lei­ter Marc Tho­ma hofft aber, dass die Bau­ar­bei­ter die Zeit wie­der auf­ho­len kön­nen und sich am geplan­ten Eröff­nungs­ter­min nichts ändert.

 

Das Woh­nungs­bau-Unter­neh­men hat nach bis­he­ri­gen Erkennt­nis­sen jeden­falls nicht vor, sein Argen­tum durch ein wei­te­res Tier­op­fer vor bösen Geis­tern zu schüt­zen. Denk­bar ist aber eine Grund­stein­le­gung mit den heu­te übli­chen Bei­ga­ben – Mün­zen und eine aktu­el­le Tages­zei­tung etwa.

 

Quel­le: Hil­des­hei­mer All­ge­mei­ne Zei­tung, 25. Febru­ar 2017

Veröffentlicht unter 2017