Wohnungen fehlen: Sarstedter ärgern sich über Airbnb
Viele Menschen bieten ihre Bleibe im Internet für ein paar Nächte an – das schwächt den Wohnungsmarkt und kann auch für die Mieter übel enden
Von Rebecca Hürter
Sarstedt. Wer ein paar Nächte in Sarstedt übernachten möchte, hat die Qual der Wahl. Nehme ich die „gemütliche Drei-Zimmer-Wohnung“, das „Zwei-Zimmer-Apartment mit zwei Bädern“ oder doch lieber die „charmante Fachwerkwohnung“? Diese Optionen – und viele andere – werden auf der Online- Plattform Airbnb angeboten. Wer hingegen eine Bleibe sucht, in der er längere Zeit wohnen kann, hat deutlich schlechtere Karten. In verschiedenen Gruppen auf Facebook erscheinen fast täglich neue Aufrufe von Menschen, die in Sarstedt nach einer Wohnung oder einem Haus suchen – teilweise schon seit längerer Zeit. Bei Facebook wird auch über die Menschen geschimpft, die Wohnungen anmieten, um sie dann bei Airbnb zu höheren Preisen anzubieten. Dadurch werde die ohnehin schon sehr angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt verschärft. Die Preise für eine Übernachtung über Airbnb in Sarstedt schwanken zwischen 30 Euro für ein Zimmer in einer Wohnung mit einem gemeinsam genutzten Badezimmer und 521 Euro für ein Haus, in dem acht Gäste unterkommen.
Airbnb und andere Internet- Plattformen sind auch für Vermieter in Sarstedt immer wieder ein Thema. Die Mitarbeiter der Kreiswohnbaugesellschaft Hildesheim (kwg) machen ihre Mieter zum Beispiel in einer Zeitschrift des Unternehmens auf das Problem aufmerksam – und auf die Folgen, die eine Untervermietung für sie haben kann.
„Die Leute riskieren ihre eigenen vier Wände.“
Matthias Kaufmann, Geschäftsführer der kwg Hildesheim
„Die Leute riskieren ihre eigenen vier Wände“, sagt Geschäftsführer Matthias Kaufmann. Untervermietungen müssen ihm zufolge vorab immer von der kwg genehmigt werden. „Einer Untervermietung für diesen Zweck würden wir niemals zustimmen“, sagt Kaufmann. Wer seine Wohnung anbietet, dem drohen eine Abmahnung und eine fristlose Kündigung.
In dieser Woche hat ein Fall in Salzburg für Aufregung gesorgt: Ein Mieter hat dort seine Sozialwohnung bei Airbnb angeboten und dafür eine Kündigung kassiert.
Die kwg bietet in Sarstedt 1112 Wohnungen an. Kaufmann bekommt deshalb die Entwicklung des Marktes hautnah mit. „Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren sehr viel stärker gestiegen als das Angebot“, sagt er. Die kwg will deshalb mehr Wohnraum zur Verfügung stellen. Am Kipphut entsteht ab April laut Kaufmann das fünfte hohe Haus für etwa 50 Menschen, an der Bismarckstraße will die kwg in zweiter Reihe bauen.
Laut Kaufmann sind seine Mitarbeiter regelmäßig auf den Internet- Plattformen unterwegs, um nachzuschauen, ob Mieter dort ihre Wohnungen untervermieten. „Man kommt aber natürlich nicht immer dahinter“, sagt er.
Nach Angaben von Volker Spieth, Geschäftsführer des Mietervereins Hildesheim und Umgebung, liegen keine konkreten Zahlen dazu vor, wie sehr Airbnb den Wohnungsmarkt in Sarstedt beeinflusst. „Allerdings ist zu vermuten, dass das Problem allgemein aber auch und gerade wegen der Nähe zur Messe zunimmt“, sagt Spieth.
Sein Verein hofft auf das in Planung befindliche Zweckentfremdungsgesetz des Landes Niedersachsen. Durch das Gesetz könnten Menschen dazu verpflichtet werden, eine Umnutzung ihrer Wohnung von ihrer Kommune genehmigen zu lassen, wenn die Stadt eine entsprechende Satzung erlässt.
So eine Satzung gibt es bis jetzt noch nicht. Bürgermeisterin Heike Brennecke kann deshalb schlecht beurteilen, wie sehr Airbnb den Wohnungsmarkt beeinflusst. „Ich würde mir natürlich wünschen, dass die Leute Wohnungen für dauerhafte Vermietungen zur Verfügung stellen“, sagt Brennecke.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung (Sarstedter Anzeiger), 09. März 2019