Von der Voss-Straße aus die Welt erkundet
Seit 62 Jahren in KWG-Wohnungen: Ruth und Alfred Scheffler sind kreisweit die treuesten Mieter der Kreiswohnbau
Sarstedt (tw). Die Kreiswohnbau Hildesheim (KWG) hat keine treueren Mieter als Ruth und Alfred Scheffler aus Sarstedt. Seit 62 Jahren sind sie dem größten Wohnungsunternehmen der Region als Mieter verbunden – länger ist kreisweit kein anderer Kunde dabei.
So standen die Schefflers nun wieder bei einem Dankeschön-Treffen für langjährige Mieter im Mittelpunkt. Zu dem hatte die Kreiswohnbau alle Jubilare ins Hildesheimer Theater eingeladen, die seit 25, 40 oder 50 Jahren in einer der 4700 Wohneinheiten leben, die derzeit zum verwalteten Bestand der KWG gehören. Wer seit mehr als 55 Jahren zum Kreis der Mieter gehört, wird jedes Jahr zu diesem Treffen eingeladen – wie das Ehepaar Scheffler aus Sarstedt.
Im Grunde war die KWG auch der Grund, warum Ruth Scheffler, heute 88, und Alfred Scheffler, 91, sich vor fast 62 Jahren das Ja-Wort gaben. „Wir durften unsere erste gemeinsame Wohnung nur behalten, wenn wir verheiratet waren“, erzählt die 88-Jährige. Die beiden kannten sich nicht mal ein Jahr, sie hatten sich bei einem DRK-Vergnügen kennengelernt und mit der Hochzeit sonst noch ein wenig gewartet. Doch ohne Trauschein zusammen zu wohnen – das war damals noch tabu, so ging es mit der Heirat eben etwas schneller.
Die Zwangsheirat hat die beiden trotzdem glücklich gemacht: „Es hat seitdem ganz gut geklappt“, erzählt sie schmunzelnd. Er war aus Königsberg nach Sarstedt gekommen, sie aus Breslau – und in der Breslauer Straße bezogen sie ihre erste gemeinsame Wohnung bei der Kreiswohnbau. Das war 1951, im Jahr 1969 zogen die beiden an die Voss-Straße um – und leben dort heute noch im zweiten Stock. Es wird zwar beschwerlicher, die Treppen hochzukommen – doch noch klappt es, ab und zu helfen Nachbarn beim Hochtragen der Einkäufe. In der Nachkriegszeit arbeitete Alfred Scheffler als Kfz-Meister oft bis in die Nacht. „Manchmal kam er erst morgens nach Hause“, erinnert sich seine Frau. „Das war damals so üblich“, ergänzt er, „die Leute haben freiwillig mehr gearbeitet, und Überstunden wurden gut bezahlt.“
Das Paar entschied sich, kein eigenes Haus zu bauen und weiter zur Miete zu wohnen. Schließlich hatten die beiden keine Kinder – so setzten sie andere Schwerpunkte: Sie reisten um die Welt, erlebten mehrere Kreuzfahrten in der Karibik, jetteten nach Mexiko, Kanada, in die USA. Sie flogen mal nach Teneriffa, mal nach Mallorca, hatten eine eigene Ferienwohnung in Heiligenhafen an der Ostsee. Alfred Scheffler erkundete auch Japan. „Das war die einzige Reise, die ich allein gemacht habe“, erzählt er, „sonst waren wir immer zusammen unterwegs.“
Irgendwann verzichtete das Paar darauf, den Balkon mit Topfblumen zu schmücken – so musste es niemanden mehr suchen, der sich während ihrer häufigen Abwesenheit um die Pflanzen kümmerte. Die Videos und Fotoalben von Reisen in unterschiedliche Ecken der Welt füllen heute in der Wohnung an der Voss- Straße manches Fach in den Schränken und Regalen. Manchmal, wenn nichts Gescheites im Fernsehen kommt, schieben die beiden gern mal einen solchen Film voller Erinnerungen in den Recorder und gehen noch einmal gedanklich auf Reisen – in der Wirklichkeit sind sie heute nicht mehr so viel unterwegs, das Reisen ist im Alter zu anstrengend geworden. Da genießt das Paar eher den Ausblick vom Balkon auf die Blätterdächer großer Bäume.
In Giebelstieg hat sich einiges verändert, seit sie an der Voss-Straße eingezogen sind. Neue Häuser sind um sie herum gewachsen. „Der Backsteinbau stand früher ganz allein hier“, sagt Alfred Scheffler beim Blick aus dem Fenster.
Bei dem Dankeschön-Treffen der KWG war wie in den Vorjahren wieder mancher Mieter aus Sarstedt vertreten. Das 50-jährige Mieterjubiläum feierten in diesem Jahr Heinz und Vera Mischok sowie Franz Gottwald aus Sarstedt, seit 40 Jahren wohnen die Sarstedter Ehepaare Eberhard und Helga Schlichting sowie Manfred und Steffi Meironke in einer Wohnung der Kreiswohnbau.
Die jährlichen Treffen seien auch für den Vermieter wichtig, betont KWGSprecher Milano Werner. „Da hat man mal außerhalb der geschäftlichen Dinge in einem anderen Rahmen miteinander zu tun, lernt einander ganz anders kennen.“
Quelle: Sarstedter Anzeiger der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung, 04. Juni 2013