Kreiswohnbau hat kaum was frei
Fast kein Leerstand im Norden, deutliche Verbesserung im Süden – aber kein Neubau geplant
Sarstedt/Kreis Hildesheim (abu). „Viel besser kann es eigentlich nicht mehr werden“, das hat Kreiswohnbau-Geschäftsführer Matthias Kaufmann mit Blick auf weite Teile von Stadt und Landkreis in den vergangenen Jahren schon öfter gesagt, wenn es darum ging, wie viele Wohnungen das kommunale Unternehmen vermietet hat und wie viele leer stehen. Doch zum Ende dieses Jahres meldet er neue Rekordquoten, vor allem in Sarstedt. Hier hat die Kreiswohnbau quasi nichts mehr frei. Neue Wohnungen will das Unternehmen deshalb allerdings vorerst nicht bauen, konzentriert seine Investitionen auf die neue Marke „Argentum“ und auf den Bestand.

Zu viel versprochen? So wirbt die Kreiswohnbau im Wohngebiet auf dem Klei in Sarstedt – doch das Angebot an freien Wohnungen ist gering wie nie. Foto: Wedig
Ganze neun von 1100 Wohnungen sind in und um Sarstedt derzeit nicht vermietet, eine Quote von weniger als 0,9 Prozent. „Das gibt es eigentlich gar nicht“, sagt Kaufmann. Schließlich spreche seine Branche schon bei drei Prozent von Vollvermietung. Die Gründe liegen für ihn indes auf der Hand: „Sarstedt ist die einzige Kommune mit wachsender Einwohnerzahl im Landkreis, vor allem aufgrund seiner Lage zwischen den Zentren Hannover und Hildesheim.“ Ist es da nicht an der Zeit, zusätzliche Wohnungen zu errichten? „Wir beobachten das erst einmal“, wiegelt Kaufmann ab. „Außerdem schaffen wir durch die Argentum- Anlage am Ried sowie die neuen Eigentumswohnungen und Häuser an der Liegnitzer Straße ja auch neuen Wohnraum, und der Bauverein baut auch aus.“
Eine „sensationelle Quote“ bescheinigt Kaufmann auch dem Kundencenter in Hildesheim selbst, das auch gut 400 Wohnungen im Ostkreis und der Gemeinde Nordstemmen verwaltet. Mit 1,2 Prozent Leerstand sei die Lage dort fast genauso gut wie in Sarstedt. Solche Zahlen scheinen im Südkreis noch Illusion. Doch im Bereich Bad Salzdetfurth, Diekholzen und Bockenem, den die Kreiswohnbau von Bad Salzdetfurth aus betreut, stehen laut Kaufmann derzeit sieben Prozent der Wohnungen leer – mit so einer Zahl war das Unternehmen vor einigen Jahren auch noch im Nordkreis ganz zufrieden. Besonders erfreut zeigt sich der Kreiswohnbau- Geschäftsführer allerdings über die Entwicklung im Raum Alfeld – jenem Bereich, den vor der Fusion die frühere Kreiswohnbau Alfeld verantwortet hat. „Das war immer ein Problem, zumal mir zu Beginn auch nicht klar war, wie der Zustand der Wohnungen teilweise war“, sagt Kaufmann rückblickend. Doch in diesem Jahr habe es eine absolute Trendwende gegeben. „Statt 150 stehen jetzt nur noch knapp 100 Wohnungen leer“, freut sich der Geschäftsführer und nennt aus seiner Sicht zwei Gründe: „Offenbar zahlt es sich aus, dass wir die Hälfte unseres Budgets für Instandsetzung im Raum Alfeld eingesetzt haben.“ Hinzu komme „eine sehr gute neue Mitarbeiterin“ im Kundencenter Alfeld. Das vermeintliche Sorgenkind im Süden holt mit Riesenschritten auf und trotzt dabei allen Unkenrufen, der demografische Wandel und der Einwohnerschwund würden das Vermieten von Wohnungen im südlichen Landkreis immer mehr zum Glücksspiel machen.
Tatsächlich verstetigt sich laut Kaufmann der Trend, dass weniger Menschen nicht automatisch weniger Wohnungen bedeuten müssen: „Je kleiner eine Wohnung ist, desto besser ist sie zu vermieten“, sagt Kaufmann. „Die Haushalte werden immer kleiner, zudem ist durch die Hartz-IV-Gesetzgebung die Nachfrage nach kleineren Wohneinheiten gestiegen.“ Angesichts dieser Entwicklungen und der vor einiger Zeit vom Hannoveraner Pestel-Institut geäußerten Kritik, es gebe zu wenig Sozialwohnungen, sieht sich Kaufmann allerdings auch allgemein nicht zu Neubau-Plänen veranlasst: „Wo wir noch Leerstände haben, dort eher im unteren Preissegment.“
„Die höhere Nachfrage hat sich aber bislang nicht in deutlich höheren Mieten ausgewirkt“, wie der Geschäftsführer beteuert. „Wir lagen mit einem Plus von 1,1 Prozent unter der Inflation.“ Im Durchschnitt liege die Miete bei 4,69 Euro, bei Neuvermietungen bei 4,81 Euro pro Quadratmeter. Diese Differenzierung habe er extra analysieren lassen, nachdem der Mieterbund bei einer Podiumsdiskussion die Frage aufgeworfen habe, ob die Wohnungsbau-Unternehmen bei Mieterwechseln kräftig draufschlagen würden.
Auch durch den historisch niedrigen Leerstand verbucht die Kreiswohnbau in diesem Jahr wieder einen Gewinn von rund einer Million Euro, den sie zum Teil an ihre kommunalen Anteilseigner ausschüttet und zum Teil in die Rücklage steckt. Neben Investitionen in die energetische Sanierung will das Unternehmen sein Geld vor allem in die „Argentum“- Projekte in Sarstedt, Bad Salzdetfurth und Nordstemmen (diese Zeitung berichtete) stecken.
Neuer Vertrag für Kaufmann
Matthias Kaufmann bleibt weitere fünf Jahre Geschäftsführer der Kreiswohnbau Hildesheim GmbH. Der Aufsichtsrat hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, Kaufmanns Arbeitspapier zu verlängern. „Und zwar zu besseren Bezügen“, wie der Aufsichtsratsvorsitzende und Chef der SPD-Kreistagsfraktion, Klaus Bruer, betont. „Er hat Kreativität bewiesen und will nicht einfach ein paar Wohnungen vermieten, hat neue Geschäftsfelder aufgegriffen und ist teilweise zum Nothelfer der Kommunen geworden“, lobt Bruer. Der Kommunalpolitiker gesteht dabei auch an, das Unternehmen früher anders eingeschätzt zu haben. „Als der Landkreis noch höhere Schulden hatte, war ich dafür, die Kreiswohnbau zu verkaufen – Gott sei Dank habe ich mich nicht durchgesetzt.“ Investoren hätte es genug gegeben, so Bruer. (abu)
Quelle: Sarstedter Anzeiger der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung, 28. Dezember 2012