23. Juli 2012

Ab sofort gesucht: barrierearme Wohnungen

Umfrage der Stadt zeigt neue Trends und Wünsche für das Wohnen im Alter auf / Fast keiner will ins Pflegeheim

Hil­des­heim (tem). Wohin im Alter? Immer mehr Men­schen zwi­schen 40 und 60 Jah­ren ste­hen vor der Ent­schei­dung, wie und wo sie im fort­ge­schrit­te­nen Alter woh­nen möch­ten. Die Stadt hat die Hil­des­hei­mer jetzt nach ihren Wün­schen befragt. Her­aus­ge­kom­men sind weg­wei­sen­de Erkennt­nis­se. Die sol­len der Woh­nungs­wirt­schaft Anstö­ße für ein Umden­ken in ihrer Ange­bots­po­li­tik geben.

 

Sta­tis­tik kann mit­un­ter von bru­ta­ler Aus­sa­ge­kraft sein. Sozi­al­de­zer­nent Dirk Schrö­der zitier­te bei der Prä­sen­ta­ti­on der Umfra­ge­er­geb­nis­se im Rat­haus eine eben sol­che: Mit durch­schnitt­lich 85 Jah­ren sie­deln heut­zu­ta­ge vie­le Senio­ren in ein Heim um, weil sie sich allein nicht mehr ver­sor­gen kön­nen. Dort leben sie im Schnitt dann gera­de noch 18 Monate.

 

Mit dem demo­gra­fi­schen Wan­del wer­de sich der Anteil älte­rer Men­schen in der Gesell­schaft wei­ter erhö­hen, erklär­te Schrö­der. Die heu­ti­ge Senio­ren­ge­ne­ra­ti­on sei zwar gegen­über frü­her jün­ger geblie­ben. Mitt­ler­wei­le such­ten aber immer mehr Men­schen deut­lich vor ihrem Ein­tritt ins Ren­ten­al­ter Woh­nun­gen, die in beson­de­rer Wei­se ihren Ansprü­chen gerecht wür­den, zugleich aber auch im Ren­ten­al­ter bezahl­bar blieben.

 

Gefragt wur­de vom 6. Febru­ar bis 18. März unter ande­rem nach der aktu­el­len Wohn- und Lebens­si­tua­ti­on sowie nach dem Bedarf von mor­gen: Haus, Woh­nung (Grö­ße), betreu­tes Woh­nen, alter­na­ti­ve Wohn­for­men oder Senio­ren­heim, Wohn­um­feld oder aber zur Aus­stat­tung der Wohnungen.

 

582 Per­so­nen haben an der Umfra­ge teil­ge­nom­men (520 online, 62 Papier­vor­dru­cke). Schrö­der wer­te­te dies Zahl als „super“. Folg­lich habe die Umfra­ge hohe Aus­sa­ge­kraft. Die Ergeb­nis­se sol­len nun in die Stadt­pla­nung ein­flie­ßen und Ver­mie­tern Anstö­ße für ihre Woh­nungs­po­li­tik geben. Jeder Bür­ger kann sich auf dem Inter­net­por­tal der Stadt über alle Details der Umfra­ge infor­mie­ren. Schrö­der und Son­ja Gott­sch­ling, Senio­ren­be­ra­te­rin im Sozia­len Dienst der Stadt­ver­wal­tung, sehen auf dem hie­si­gen Woh­nungs­markt zwar gute Ansät­ze. Nach den Ergeb­nis­sen sei­en immer­hin 75 Pro­zent der Befrag­ten zufrie­den mit ihrer aktu­el­len Wohn­si­tua­ti­on. Hil­des­heim punk­te mit vie­len Grün­flä­chen, guter kul­tu­rel­ler Ange­bots­land­schaft, mit kur­zen Wegen und Über­schau­bar­keit der Stadt. Schrö­der: „Die Mehr­heit der Bür­ger fühlt sich sehr wohl in Hildesheim.“

 

Obwohl die meis­ten Bür­ger ihre Wohn­si­tua­ti­on mit gut beno­ten, pla­nen mehr als 75 Pro­zent der Befrag­ten einen Umzug. Als Grün­de wer­den genannt der Wunsch nach bar­rie­re­ar­men Wohn­raum (zum Bei­spiel mit Fahr­stuhl), bes­se­rer Infra­struk­tur und klei­ne­ren Woh­nun­gen. Knapp 80 Pro­zent davon sehen ihre Woh­nung als nicht senio­ren­ge­recht an.

 

Das sind die bevor­zug­ten Wohn­for­men: An der Spit­ze mit fast 30% die “Alter­na­ti­ve Wohnform”.

Das Woh­nen in einem Senio­ren- und Pfle­ge­heim leh­nen fast alle Teil­neh­mer der Umfra­ge ab. Schröder:„Das zeigt ein­deu­tig, die Men­schen wol­len nicht im Pfle­ge­heim leben.“ 30 Pro­zent der Teil­neh­mer an der Umfra­ge streb­ten eine alter­na­ti­ve Wohn­form an. In die­sem Zusam­men­hang sei­en fol­gen­de Stich­punk­te ver­stärkt genannt wor­den: gene­ra­tio­nen­ver­bin­den­des Woh­nen, Gemein­sam­keit, ver­bind­li­che Nach­bar­schaft, sozia­le Kon­tak­te und Selbstbestimmung.

 

Der Wunsch nach alter­na­ti­ven Wohn­for­men und senio­ren­ge­rech­ten Woh­nun­gen bestehe auch bei Bür­gern mit gerin­ge­rem Ein­kom­men. 60,7 Pro­zent sei­en bereit, dafür maxi­mal eine Warm­mie­te von 600 Euro oder weni­ger zu zahlen.

 

Das darf Wohn­raum kos­ten: Gut 60% sind bereit maxi­mal 600 Euro Warm­mie­te zu zahlen.

gbg-Vor­stand Jens Mahn­ken dämpf­te bei der Miet­hö­he über­zo­ge­ne Erwar­tun­gen: Bar­rie­re­freie Neu­bau­ten sei­en für den Preis wirt­schaft­lich nicht rea­li­sier­bar. Gleich­wohl hät­ten sich die gbg und ande­re Woh­nungs­un­ter­neh­men das Ziel gesetzt, mit der Moder­ni­sie­rung bestehen­der Immo­bi­li­en preis­güns­ti­ge, bar­rie­re­ar­me Woh­nun­gen anzubieten.

 

Ein Neu­bau sei nicht unter 8 bis 10 Euro pro Qua­drat­me­ter zu haben. Bei moder­ni­sier­ten Objek­ten kom­me man auf 6 bis 7 Euro. Damit lie­ge man bei klei­ne­ren Woh­nun­gen in dem in der Umfra­ge gewünsch­ten Sek­tor von 500 bis 700 Euro.

 

Die Umfra­ge deckt sich mit den Erkennt­nis­sen der Woh­nungs­wirt­schaft“, erklär­te Mahn­ken. Die gbg habe ihre Unter­neh­mens­po­li­tik schon vor gerau­mer Zeit ent­spre­chend aus­ge­rich­tet. Der Vor­stand geht davon aus, dass der Bedarf an Pfle­ge­hei­men bestehen bleibt, da ande­re Wohn­for­men mit Blick auf die erfor­der­li­che Pfle­ge der Bewoh­ner ihre Gren­zen hätten.

 

Der Trend wei­se aber klar in eine ande­re Rich­tung, hin zu alter­na­ti­ven Wohn­for­men. Mahn­kens Fazit: „Die gbg und Kreis­wohn­bau sind in Hil­des­heim als kom­mu­na­le Gesell­schaf­ten mit ihren diver­sen Wohn­an­ge­bo­ten und -kon­zep­ten aber schon ganz gut aufgestellt.“

 

Quel­le: Hil­des­hei­mer All­ge­mei­ne Zei­tung, 21. Juli 2012

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